Aktuelles zur Expatriatebesteuerung

Zusammenveranlagungswahlrecht für Eheleute ohne Wohnsitz in Deutschland

Der BFH hat zu einer strittigen Frage im Zusammenhang mit dem Zusammenveranlagungswahlrecht von Eheleuten ohne Wohnsitz in Deutschland entschieden (BFH I R 16/14). Umstritten ist, wie in diesen Fällen, die vom Gesetzt vorgesehenen Einkunftsgrenzen zu ermitteln sind. Der BFH hat nun entschieden, dass die von der Finanzverwaltung nach den Vorgaben der Einkommensteuerrichtlinien praktizierte Vorgehensweise nicht rechtmäßig ist.

Worum geht es in der Entscheidung?

Grundsätzlich steht eine Zusammenveranlagung nur Eheleuten offen, die beide einen Wohnsitz in Deutschland haben. Bei Eheleuten mit EU/EWR Staatsangehörigkeit und Wohnsitz in einem EU/EWR Land kommt eine Veranlagung aber auch ohne Wohnsitz in Deutschland in Betracht, wenn

  • einer der Eheleute einen Antrag auf fiktive unbeschränkte Steuerpflicht stellt und
  • die Eheleute beantragen, dass der nichtverdienende Ehegatte für die Anwendung der Regelungen des Splittingverfahrens als unbeschränkt steuerpflichtig gilt.

Für die Behandlung als fiktiv unbeschränkt Steuerpflichtiger muss eine Person ohne Wohnsitz in Deutschland

  • entweder 90 % der Einkünfte in Deutschland versteuern
  • oder weniger als den Grundfreibetrag (8.354 €) im Heimatland versteuern

Um einen Ehegatten für die Anwendung des Splittingverfahrens als unbeschränkt steuerpflichtig zu behandeln, müssen

  • entweder 90 % der Einkünfte der Eheleute in Deutschland der Besteuerung unterliegen
  • oder weniger als das doppelte des Grundfreibetrags (16.708 €) im Heimatland der Besteuerung unterliegen.

In dem vom BFHntschiedenen Fall erzielte nur der Ehemann Einkünfte, von denen in Deutschland ca. 9.000 € der Besteuerung unterlagen. In Österreich (dem Wohnsitzstaat) unterlagen ebenfalls ca. 9.000 € der Besteuerung. Das Finanzamt vertrat nun gestützt auf die Einkommensteuerrichtlinien die Auffassung, dass zunächst für den Ehemann alleine zu prüfen sei, ob er 90 % seines Einkommens in Deutschland versteuert oder weniger als der Grundfreibetrag in Österreich versteuert wird. Erst in einem zweiten Schritt sei dann zu prüfen, ob die Einkünfte beider Eheleute zu 90 % der Besteuerung in Deutschland unterliegen oder weniger als das doppelte des Grundfreibetrags in Österreich versteuert werden muss. Da der Ehemann alleine mehr als den Grundfreibetrag in Österreich versteuert, verweigerte das Finanzamt die Zusammenveranlagung (die 90 % Grenze wurde offensichtlich nicht erreicht).

Der BFH hat (wie bereits die Vorinstanz) dagegen entschieden, dass ausschließlich darauf abzustellen ist, ob die Eheleute mit ihrem gemeinsamen Einkommen weniger als das doppelte des Grundfreibetrags in Österreich versteuern. Es hat daher entschieden, dass den Eheleuten der Splittingtarif zu gewähren ist.

 

Eingestellt am: 14.10.2015