Aktuelles zur Expatriatebesteuerung

Neue Entscheidung zur Switch-Over Klausel des § 50d Abs. 9 EStG

Der BFH hat eine weiteres mal zum Anwendungsbereich des § 50d Abs. 9 EStG entschieden und das Bundesverfassungsgericht zur Frage angerufen, ob § 50d Abs. 9 EStG wegen seines Widerspruchs zu den Vereinbarungen in Doppelbesteuerungsabkommen ("Treaty Override") und/oder wegen der rückwirkenden Anwendung der unlängst geänderten Vorschrift (auf alle nicht bestandskräftigen Fälle) verfassungswidrig ist (Entscheidung vom 20.8.2014, I R 86/13). 

Die Entscheidung bildet ein weiteres Kapitel in einer Reihe von Vorlagefragen zu den in § 50d EStG enthaltenen Rückfallklauseln. Bereits im Jahre 2012 und 2013 wurde das Bundesverfassungsgericht zu dieser Vorschrift in zwei Verfahren angerufen.

In dem Beschluss vom 10.1.2012 (I R 66/09) geht es um die Frage, ob § 50d Abs. 8 EStG (ebenfalls ein Treaty-Override) verfassungsgemäß ist. Nach § 50d Abs. 8 EStG wird einem Arbeitnehmer die ihm nach einem DBA zustehende Steuerbefreiung nur gewährt, wenn er nachweisen kann, dass der andere Staat die in Deutschland freizustellenden Vergütungen besteuert oder insoweit auf sein Besteuerungsrecht verzichtet hat.

Im Beschluss vom 11.12.2013 (I R 4/13) geht es um die Frage, ob der Treaty-Override des § 50d Abs. 10 EStG verfassungsgemäß ist. Nach dieser Vorschrift werden Zinsen für ein Gesellschafterdarlehen für Zwecke eines DBA als Unternehmensgewinne behandelt, weil Deutschland ansonsten für in das Ausland gezahlte Zinsen nur ein begrenztes Quellenbesteuerungsrecht hätte.

In dem nun jüngsten Beschluss geht es um die Verfassungsmäßigkeit von § 50d Abs. 9 S. 1 Nr. 2 EStG. Diese unilaterale Rückfallklausel versagt die steuerliche Freistellung von Einkünften, die einem Steuerpflichtigen nach einem Doppelbesteuerungsabkommen zusteht, wenn die Einkünfte in dem anderen Staat nur deshalb nicht steuerpflichtig sind, weil der Steuerpflichtige in dem anderen Staat nicht aufgrund seines Wohnsitzes oder eines ähnlichen Merkmals unbeschränkt steuerpflichtig ist. Der Gesetzgeber will mit dieser Vorschrift erreichen, dass das Besteuerungsrecht an Deutschland zurückfällt, falls der andere Vertragsstaat als Quellenstaat von dem ihm abkommensrechtlich zugestandenen Besteuerungsrecht im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht keinen Gebrauch macht.

Der BFH möchte mit dem aktuellen Vorlagebeschluss gleich zwei Fragen durch das Bundesverfassungsgericht geklärt wissen. Zum einen geht es um die Frage, ob dieser Treaty Override grundsätzlich gegen Verfassungsrecht verstößt. Zum anderen geht es um die Frage, ob die Neufassung des § 50d Abs. 9 EStG rückwirkend auf alle noch nicht bestandskräftigen Fälle angewendet werden kann. Eine Änderung des § 50 d Abs. 9 EStG war nämlich erforderlich, weil der BFH entschieden hatte, dass für die Anwendung von § 50d Abs. 9 S. 1 Nr. 2 EStG kein Raum mehr ist, wenn der Nachweis nach § 50d Abs. 8 EStG erbracht worden ist (BFH 11.1. 2012 I R 27/11).

Eingestellt am: 23.10.2014