Aktuelles zur Expatriatebesteuerung

Geldwerter Vorteil aus Aktienoptionen- Besteuerung bei Tätigkeit im Ausland

Das Finanzgericht Baden Württemberg hat in bemerkenswerter Weise zur Besteuerung von Arbeitnehmeraktienoptionen in grenzüberschreitenden Sachverhalten geurteilt (FG Baden-Württemberg v. 24. 11 2014, 6 K 4033/13). Im Streitfall ging es um die Frage, inwieweit ein aus der Ausübung von Arbeitnehmeraktienoptionen entstandener geldwerter Vorteil in Deutschland zu versteuern ist, wenn der Arbeitnehmer im sogenannten Erdienungszeitraum der Optionen nicht ausschließlich in Deutschland tätig ist, sondern auch in einem anderen Land bzw. in mehreren anderen Ländern.

Vor Gericht zog ein Arbeitnehmer, der im Zeitraum zwischen der Gewährung der Optionen (zur verbilligten Überlassung von Aktien) und der Ausübung dieser Optionen überwiegend in den USA tätig war, daneben aber auch in Deutschland und anderen Ländern. Im Zeitraum zwischen der Gewährung der Optionen und deren erstmaligen Ausübungsmöglichkeit (Erdienungszeitraum) hat der Arbeitnehmer in den USA gewohnt, im Zeitpunkt der Ausübung aber in Deutschland.

Unstreitig zwischen dem Finanzamt und dem klagenden Arbeitnehmer war, dass der Vorteil aus der Optionsgewährung im Zeitpunkt der Ausübung der Optionen zu versteuern ist. Ebenfalls unstreitig war, dass der Vorteil im Zeitraum zwischen der Gewährung der Optionen und deren erstmaliger möglicher Ausübbarkeit erdient wurde (Erdienungszeitraum). Aufteilungsmaßstab für die Frage, inwieweit Deutschland den Vorteil aus der Ausübung besteuern darf, soll daher grundsätzlich –auch das war unstreitig- das Verhältnis der in diesem Zeitraum in Deutschland ausgeübten Arbeitstage im Verhältnis zu der gesamten Anzahl an Arbeitstagen im Erdienungszeitraum sein.

Strittig war allerdings, wie das in diesem Sachverhalt anzuwendende Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland/USA auszulegen ist. Entgegen der Auffassung des Finanzamtes sei nach der Urteilsbegründung bei der Frage der Ansässigkeit im Sinne des DBA Deutschland/USA (Art. 4) nicht auf das Zuflussjahr abzustellen. Da der geldwerte Vorteil, ungeachtet der Endbesteuerung im Zuflussjahr, anteilig den Jahren der Laufzeit zuzuordnen ist, habe „die Auslegung des DBA konsequenterweise anhand der tatsächlichen Verhältnisse in den Jahren der Laufzeit zu erfolgen. Anderenfalls hätte es der Berechtigte in der Hand, die Rechtslage im Nachhinein durch die Wahl eines geeigneten Wohnsitzes zum Zuflusszeitpunkt zu gestalten.“

Der vom FG Baden Württemberg entschiedene Sachverhalt war im Detail kompliziert, die dem Urteil zugrundeliegende Problematik kann aber anhand des folgenden Beispiels verdeutlicht werden:

Arbeitnehmer A werden von seinem Arbeitgeber am 1 Januar 2010 Aktienoptionen gewährt. A darf die Optionen ab dem 1. Januar 2015 ausüben. Am 1 März 2015 übt er die Optionen tatsächlich aus und realisiert einen geldwerten Vorteil von 10.000 €, der somit am 1. März 2015 zugeflossen ist. A war allerdings vom 1. Januar 2010 bis zum 1. Januar 2015 in den USA wohnhaft, weil er in diesem Zeitraum für eine amerikanische Tochtergesellschaft seines Arbeitgebers tätig war. In diesem Zeitraum hat er jährlich nur 110 Arbeitstage (von 220 Arbeitstagen) in Deutschland verbracht. Während dieses Zeitraums hatte er keinen Wohnsitz in Deutschland. Den Wohnsitz in Deutschland begründete er erst wieder am 1. Januar 2015.

Zum Streit kam es, weil bei der Anwendung des DBA USA die oben genannten unterschiedlichen Auslegungen möglich sind. Entweder es wird hinsichtlich der Ansässigkeit im Sinne des DBA auf den Zeitpunkt der Optionsausübung abgestellt (Im Beispiel der 1. März 2015) oder es wird hinsichtlich der Ansässigkeit im Sinne des DBA auf den Erdienungszeitraum (im Beispiel 1. Januar 2010 bis 1. Januar 2015) abgestellt. Während die Praxis gestützt auf die bisherige Rechtsprechung und Verwaltungsauffassung überwiegend das DBA nach der ersten Möglichkeit auslegt, legt das FG Baden Württemberg in seiner Entscheidung das DBA nach der zweiten Möglichkeit aus.

Die steuerlichen Unterschiede sind gravierend. Bei der Auslegung nach der ersten Möglichkeit ist der gesamte geldwerte Vorteil (10.000 €) lediglich zeitanteilig insoweit in Deutschland zu versteuern, als das der Arbeitnehmer im Erdienungszeitraum in Deutschland gearbeitet hat. Danach wären 5.000 € in Deutschland zu versteuern. Bei der Auslegung nach der zweiten Möglichkeit ist in Deutschland nichts zu versteuern, da der Arbeitnehmer sich in jedem Jahr des Erdienungszeitraums an weniger als 183 Tagen in Deutschland aufgehalten hat.

Gegen das Urteil des FG Baden Württemberg wurde Revision eingelegt (I R 79/14). Es muss also abgewartet werden, ob der BFH der Auslegung des DBA durch das FG Baden Württemberg folgen wird.

Eingestellt am: 07.04.2015